Hast du Anspruch auf Bildungsurlaub? Du weißt es nicht? Dann bist du nicht alleine: Zahlreiche deutsche Arbeitnehmer dürften für Fort- und Weiterbildungen Extra-Urlaub nehmen – machen sie aber nicht. Wieso? Weil sie schlichtweg nichts vom sogenannten Bildungsurlaub wissen oder verunsichert sind hinsichtlich Ablauf, Antragstellung und Anerkennung.

Was ist Bildungsurlaub?

Bei dem Bildungsurlaub handelt es sich um eine Sonderform des bezahlten Urlaubs, welcher zum Zweck einer beruflichen oder politischen Weiterbildung genommen werden kann. Er ist kein (!) Erholungsurlaub und wird deshalb, um eventuelle Missverständnisse zu vermeiden, häufig auch „Bildungsfreistellung“ genannt. Prinzipiell hast du einen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub, allerdings obliegt die sogenannte „Bildungshoheit“ den einzelnen Bundesländern, weshalb es hierin große Unterschiede gibt:

  • Baden-Württemberg – 5 Tage pro Jahr
  • Bayern – Kein gesetzlicher Anspruch
  • Berlin – 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahren
  • Brandenburg – 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahren
  • Bremen – 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahren
  • Hamburg – 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahren
  • Hessen – 5 Arbeitstage pro Jahr
  • Mecklenburg-Vorpommern – 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahren
  • Niedersachsen 5 Arbeitstage pro Kalenderjahr
  • Nordrhein-Westfalen – 5 Arbeitstage pro Kalenderjahr
  • Rheinland-Pfalz – 10 Arbeitstage pro zwei Kalenderjahren
  • Saarland – 6 Arbeitstage pro Kalenderjahr
  • Sachsen – Kein gesetzlicher Anspruch
  • Sachsen-Anhalt –  5 Arbeitstage pro Kalenderjahr
  • Schleswig-Holstein – 5 Arbeitstage pro Kalenderjahr
  • Thüringen – 5 Arbeitstage pro Kalenderjahr

Bei einer Anstellung in Teilzeit reduziert sich der jeweilige Anspruch auf Bildungsurlaub entsprechend der Wochenarbeitszeit. Lediglich in Bayern sowie Sachsen besitzt du keinen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub. Das bedeutet aber nicht zwangsweise, dass dir überhaupt kein Sonderurlaub für Weiterbildungen zusteht. Werfe erst einmal einen Blick in für dich gültige Tarif- oder Arbeitsverträge. Auch hier kann nämlich der Bildungsurlaub verankert sein.

Wer hat Anspruch?

Aber was ist eigentlich mit Auszubildenden oder Berufseinsteigern? Je nach Bundesland gibt es noch einmal konkrete Regelungen, wer denn nun Anspruch auf Bildungsurlaub hat und wer (noch) nicht. Je nach Bundesland können die Sonderregelungen hinsichtlich eines Urlaubs für Weiterbildungen noch einmal stark schwanken.

Wie stellst du einen Antrag?

Wie stellst du einen solchen Antrag auf Bildungsfreistellung? Wir haben einen kurzen Guide für dich zusammengestellt:

Bildungsurlaub beantragen – Schritt für Schritt:

  • Prüfe erst einmal, ob du Anspruch auf Bildungsurlaub hast und in welchem Umfang.
  • Plane deine Weiterbildung und suche ein für dich interessantes Angebot in einem praktischen Zeitfenster heraus.
  • Stelle sicher, dass es sich bei dem Angebot um eine in deinem Bundesland anerkannte Weiterbildungsmaßnahme handelt. Die meisten Bundesländer verfügen hierbei über eigene Bildungsdatenbanken mit einer Auflistung der anerkannten Seminare, Kurse und Sprachreisen.

Achtung: Kontaktiere den Weiterbildungsanbieter vorab, um nach dessen Anerkennung für Bildungsurlaub zu fragen. Seriöse Seminarleiter sollten dir eine klare Antwort geben können!

  • Suche das Gespräch mit deinem Vorgesetzten und informiere ihn über deinen Wunsch nach Bildungsfreistellung.
  • Hast du die vorläufige Genehmigung erhalten, kannst du dich für die ausgewählte Weiterbildung anmelden.
  • Du wirst nun alle Unterlagen erhalten, um einen offiziellen Antrag auf Bildungsurlaub sowie Anerkennung der Weiterbildung bei deinem Arbeitgeber zu stellen.

Extra-Tipp: Noch kann es sein, dass die Weiterbildung oder der Bildungsurlaub vom Arbeitgeber nicht anerkannt beziehungsweise bewilligt werden. Achte bei deiner Anmeldung für die Weiterbildung daher unbedingt auf die Stornierungsbedingungen!

  • Reiche deinen Antrag auf Bildungsurlaub per Formular oder formlos bei der üblichen Antragsstelle für Urlaube in deinem Unternehmen ein. Füge zudem deine Anmeldebescheinigung, einen Anerkennungsbescheid sowie einen Ablaufplan bei.

Formulierungsbeispiel: Solltest du (noch) keine offiziellen Antragformulare für den Bildungsurlaub haben, kannst du auch ein formloses Schreiben einreichen, zum Beispiel mit folgendem Wortlaut:

Hiermit beantrage ich die Freistellung im Rahmen eines Bildungsurlaubes vom TT.MM.JJJJ bis TT.MM.JJJJ für die angehängte Weiterbildung „…“. Gerne reiche ich Ihnen auf Wunsch entsprechende Antragsformulare nach. Bitte lassen Sie mir diese zukommen an:…

  • Die in den Bundesländern gültigen Fristen für deinen Urlaubsantrag sind als Mindestzeitraum zu verstehen. Plane deinen Bildungsurlaub dem Arbeitgeber zuliebe so früh wie möglich.
  • Lasse dir den Eingang deines Urlaubsantrages unbedingt mit Datum bestätigen, zum Beispiel per Unterschrift oder Datumsstempel auf deinem Duplikat.
  • Erhältst du eine Genehmigung, kannst du deine Weiterbildung, Sprachreise o.ä. nun fix einplanen und alle vorbereitenden Maßnahmen treffen.
  • Für den Fall, dass du während deines Bildungsurlaubs erkrankst, musst du dich unverzüglich bei deinem Arbeitgeber krankmelden.
  • Reiche nach deinem Bildungsurlaub die erhaltene Teilnahmebestätigung bei deinem Arbeitgeber ein.
  • Sollte es hingegen zu einer Ablehnung kommen, versuche deinen Bildungsurlaub zu verschieben. Im Streitfall steht dir zudem der Klageweg offen.

In manchen Bundesländern gibt es praktische Vorlagen für die Antrags- und Anerkennungsformulare als Download. Eine Liste sowie die entsprechenden Links findest du unter Bildungsurlaub.de.

Muss der Arbeitgeber einen Bildungsurlaub genehmigen?

Wie aus unserem kurzen Guide zur Beantragung von Bildungsurlaub bereits hervorging, kann dein Arbeitgeber den Antrag auf Bildungsurlaub durchaus ablehnen. Allerdings handelt es sich hierbei um Ausnahmefälle, die nachvollziehbar und belegbar sein müssen. Mögliche Ablehnungsgründe können zum Beispiel sein:

  • Dein Antrag wurde nicht form- oder fristgerecht eingereicht.
  • Es handelt sich um kein anerkanntes Angebot für Bildungsurlaub.
  • Betriebliche Gründe, wie Urlaubsvorrang deiner Kollegen oder wichtige Projektfristen.
  • Ablehnung einzelner „beruflicher“ Weiterbildungsangebote, welche für die Arbeitsstelle als irrelevant anzusehen sind.

Dennoch ist der Arbeitgeber prinzipiell zur Bewilligung von Bildungsurlaub verpflichtet, kann diesen also nicht generell ablehnen. Stelle in diesem Fall also einen neuen Antrag für einen anderen Termin oder eine andere Weiterbildung – je nach Ablehnungsgrund. Du kannst zudem die Übertragung deines Anspruchs auf Bildungsurlaub in das nächste Kalenderjahr verlangen.

Extra-Tipp: Eine Ablehnung von Bildungsurlaub muss stets schriftlich und begründet erfolgen. Mit diesem Schreiben kannst du im Zweifelsfall einen Anwalt aufsuchen und deinen Anspruch auf Bildungsurlaub gerichtlich geltend machen. Der Klageweg dürfte jedoch eher die Ausnahme als die Regel darstellen. Versuche es um des Friedens willen besser erst einmal mit einem Vieraugengespräch oder hole dir Unterstützung beim Betriebsrat.

Wofür kannst du Bildungsurlaub beantragen?

Aus der Formulierung Sonderurlaub für „berufliche oder politische Weiterbildung“ kannst du bereits schließen, dass der Bildungsurlaub nicht nur für „klassische“ Weiter- und Fortbildungen beantragt werden kann. Tatsächlich handelt es sich um ein sehr breit gefächertes Angebot im In- und Ausland, bei welchem gewiss für jeden Arbeitnehmer das Richtige dabei ist. Hier nur ein kleiner Auszug aus möglichen anerkannten Angeboten für Bildungsurlaub:

  • Business-Englisch
  • Sprachreisen
  • EDV
  • Yoga
  • Politik
  • Rhetorik
  • Feldenkrais
  • Entspannung
  • Stressmanagement
  • Kommunikation

So prüfst du deinen Anspruch

Deine Chancen stehen gut – vorausgesetzt es handelt sich um eine anerkannte Weiterbildung in dem jeweiligen Bundesland. Auch, wenn die Arbeitgeber Weiterbildungen, die keinen direkten Bezug zur Arbeitsstelle erkennen lassen, häufig nicht gerne sehen: Ist eine Weiterbildung im Katalog der anerkannten Angebote im jeweiligen Bundesland erfasst, ist eine Ablehnung nur aus den genannten betrieblichen Gründen möglich. Doch es gibt zwei Ausnahmefälle:

  1. Weiterbildungen, die als „beruflicher“ Bildungsurlaub eingereicht werden, müssen einen – wenn auch großzügig aufgefassten – Bezug zu deiner Arbeitsstelle erkennen lassen.
  2. Für Fernreisen gelten je nach Bundesland Sonderregelungen. So ist Bildungsurlaub in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel nur für bis zu 500 Kilometer entfernte Weiterbildungsorte beziehungsweise Sprachreisen zu genehmigen.

Die genauen Regelungen zur Anerkennung von Bildungsurlaub finden  in den jeweiligen Gesetzestexten deines Bundeslandes.

Wer bezahlt den Bildungsurlaub?

Die Kosten für den Bildungsurlaub trägt prinzipiell der Arbeitnehmer. Allerdings handelt es sich um eine Form des bezahlten Urlaubs, weshalb er auch für den Arbeitgeber nicht als „kostenfrei“ anzusehen ist. Die Weiterbildung selbst allerdings, von den Fahrtkosten über die Unterkunft bis hin zu möglichen Kursgebühren, hat der Arbeitnehmer aus eigener Tasche zu bezahlen. Gegebenenfalls kann er diese (teilweise) auch am Ende des Jahres in der Steuererklärung geltend machen.

Extra-Tipp: Wusstest du, dass dir für Weiterbildungen eventuell staatliche Förderungen in einer Höhe von bis zu 500 Euro oder 50 Prozent der Kosten zustehen? Informiere dich daher vorab auf Foerderdatenbank.de über bundesweite sowie regionale Förderprogramme.

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